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Reflexionen von einem Sammler

Autor: (dem Web-Master bekannt)

Über Hochstapler

Im vergangenen Sommer besuchte ich einmal den Flohmarkt Zürich. Auch wenn das Angebot nicht besonders berauschend war, so kann man immer wieder etwas Interessantes für seine Sammlung finden. Beispielsweise habe ich unlängst bei einer solchen Gelegenheit ein Kartenspiel mit griechischem Steuerstempel gefunden; etwas das ich bisher noch nicht hatte.

An diesem sonnigen Samstagnachmittag bin ich auf einen Stand gestoßen, der sehr gut organisiert war, also auf einen mehr oder weniger professionellen Verkäufer hinwies. Neben Füllfederhaltern, auf die er offensichtlich spezialisiert war, sah ich unter einem Glasverschluss ein Kartenspiel in der Originalverpackung mit deutschem Steuerstempel.

Ich zeigte auf dieses Objekt und fragte den Herrn, was dieses kostet. Er betrachtete mich kurz und stellte die Gegenfrage: "Wissen Sie denn, was Sie da vor sich haben?" "Ja", gab ich zur Antwort. "Dieses Spiel wurde von Walter Scharff in den 30er Jahren hergestellt." Wieder schaute er mich an. "Das ist etwas ganz Seltenes", war nun sein Kommentar. Was er mit "ganz selten" meinte, wusste ich nicht, doch da es an einem Flohmarkt doch selten genug ist, so etwas zu sehen, erwiderte ich: "Ja, ich weiß. Ich habe schließlich selbst viele Spiele in einer recht umfangreichen Spielkartensammlung. Doch Sie haben meine Frage nach dem Preis noch nicht beantwortet." "Fünfundzwanzig Franken muss ich schon haben und wenn Sie das nicht bezahlen wollen, bringen Sie mir ein solches Spiel und ich zahle Ihnen das Doppelte."

Was diese Bemerkung sollte, verstand ich nicht. Ich wollte schließlich kaufen und nicht verkaufen. Dann zauberte er aus seinem Hosensack ein weiteres Kartenspiel und warf es auf die Glasplatte vor mir und fragte dann recht provokativ: "Und haben Sie auch dieses Spiel?" Ich warf einen kurzen Blick auf die Schachtel und antwortete mit "nein", öffnete die Schachtel und stellte fest dass es irgendwelche Neuware war. Das Besondere daran waren vielleicht die Farbsymbole, die die Form von Ellipsen hatten. "Aber das ist nicht mein Sammelgebiet." Ich zeigte wieder aufs andere Spiel: "Vorausgesetzt, dass dieses Spiel vollständig ist, kaufe ich es." Endlich konnte ich es erwerben.

Danach fragte ich ihn, ob er noch weitere alte Karten habe. Nun sprach er davon, dass er eine ziemlich große Sammlung hätte, darunter von den allerersten Jasskarten. Ich schaute ihn ungläubig an. Doch das tönte sehr interessant. Ich wollte also unbedingt mit ihm einen Termin für eine Besichtigung vereinbaren. Er meinte wir können uns mal in der Stadt treffen und dann kann er mir ein Jassspiel zeigen. Er habe 200 Franken dafür gezahlt und müsste ebensoviel dafür bekommen. "Ich zahle Ihnen auch 300, oder mehr, wenn es das Wert ist", gab ich ihm zurück. Okay, er gab mir seine Telefonnummer. Ich könne ihm jederzeit anrufen und wir treffen uns dann.

Übers Wochenende habe ich mir dann ausgemalt, was er wohl so alles anbieten könnte. Meine Gedanken kreisten um alte Hurter-Spiele, einfigürige Karten mit dem Französischschweizer Bild, vielleicht noch etwas Nicht-Standard wie das Grenzbesetzungsspiel von E. Funke aus dem Jahre 1915. Selten habe ich so einen Montag herbeigesehnt. Ich rief ihn dann an, nur um zu hören, dass sein Auto übers Wochenende kaputt gegangen sei und er wohl eine neue Kupplung brauche. "Rufen Sie mich wieder an, aber nicht am Mittwoch, dann habe ich keine Zeit." Doch bevor ich aufhängte, wollte ich doch etwas mehr Informationen, wollte etwas genauer wissen, was er wirklich anbieten könne.

Jetzt sprach er davon, dass er gerade gestern (!) die meisten Spiele an jemanden in Deutschland angeboten habe, sie also nicht mehr verfügbar seien. Dieser habe mehrere Tausend Franken geboten. "Das zahle ich auch", erwiderte ich, "lassen Sie mich doch auch ein Angebot abgeben." "Ich habe es ihm schon versprochen. Sie wissen doch, wie das ist im Geschäftsleben." Dass es im Geschäftsleben zuweilen hart zugeht, weiß ich natürlich. Doch ich weiß auch, dass ein normaler Geschäftsmann, zuerst bei allen Interessierten ein Angebot einholt, bevor er jemandem etwas zusagt. Das war also eine doch eher sonderbare Art zu geschäften. Da es zwecklos war, habe ich ihn dann nicht weiter bedrängt, sagte ihm lediglich, dass ich am folgenden Tag nochmals anrufen werde um mir den Jass anzusehen.

Am Dienstag also unternahm ich meinen zweiten Versuch. Als er ans Telefon kam, war er dann aber ziemlich unfreundlich: "Ich habe ihnen doch gesagt, dass ich am Dienstag und Mittwoch keine Zeit habe." Das vom Mittwoch habe ich gewusst, doch was den Dienstag anging, so hörte ich das zum ersten Mal. Ich antwortete lediglich: "Ich habe Sie verstanden." Denn ich glaube wirklich, ich habe seine Message verstanden.

Eigentlich habe ich schon damit gerechnet, dass es wieder nicht klappen würde, gab es doch zu viele Ungereimtheiten. Wo hatte er beispielsweise plötzlich den Herrn aus Deutschland her, der so ganz zufällig am Sonntag seine Karten gekauft hatte? Mir schien eher, dass er nichts hatte und nun eine Situation konstruieren musste, damit er sein Gesicht nicht verliert. Ich habe mich entschlossen, ihn nicht mehr zu kontaktieren, denn das wäre wohl reine Zeitverschwendung.

Seither ist einige Zeit vergangen. Warum ich aber immer noch daran denke, weiß ich nicht. Ich glaube, es besteht immer noch ein gewisser Zweifel. Habe ich einen Fehler gemacht, es nicht nochmals zu versuchen? Dann aber überlege ich mir die Fakten nochmals. Selbst wenn jener Sammler aus Deutschland wirklich existiert, warum sollte der irgendetwas von besonderem Wert zurücklassen? Nein, dieser Herr vom Flohmarkt hat nichts. Es handelt sich nur um einen Hochstapler!


8. Februar 2009

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